US-Erbrecht in Deutschland und gespaltene Nachlassregelung

Deutsch-Amerikanisches Erbrecht: Was Erben und Erblasser wissen müssen

Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Regelungen, Praxisbeispiele und Tipps für deutsch-amerikanische Erbfälle, die aus der rechtlichen Praxis bei der Nachlassabwicklung nach Erbfall mit deutsch-amerikanischen Nachlässen von meiner Anwaltskanzlei mit der Spezialisierung im deutsch-amerikanischen Erbrecht und US-Erbrecht bekannt sind und bearbeitet werden.

Erbrecht in Deutschland vs. USA – die größten Unterschiede
Das Erbrecht unterscheidet sich in Deutschland und den USA erheblich. Wer Vermögen in beiden Ländern hat oder erbt, sollte die wichtigsten Unterschiede kennen, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden.

  • in Deutschland:
Gesamtrechtsnachfolge: Erben treten automatisch in die Rechte und Pflichten des Erblassers ein.
Pflichtteilsrecht: Enge Familienangehörige haben einen Anspruch auf einen Mindestanteil am Erbe.
Notariell beurkundetes Testament empfohlen: Ein eigenhändiges oder notariell beurkundetes Testament regelt die Erbfolge verbindlich.
Nachlassgericht: Das Amtsgericht des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsrechtes des Erblassers ist für die Nachlassabwicklung zuständig.
  • In USA:
„Probate“-Verfahren: Der Nachlass wird in einem gerichtlichen Verfahren (Probate) abgewickelt.
Keine automatische Gesamtrechtsnachfolge: Der Nachlass geht nicht sofort auf die Erben über, sondern wird durch einen „Executor“ verwaltet und erst später übertragen und ausschütten.
Freie Testierbarkeit: Pflichtteile für Angehörige gibt es in den meisten amerikanischen Bundesstaaten nicht.
Trusts als Gestaltungsmittel: Viele US-Amerikaner nutzen Living Trusts, um das Probate zu vermeiden.

Wer Vermögen in den USA und Deutschland hat oder erbt, sollte sich frühzeitig mit den Unterschieden im Erbrecht auseinandersetzen.

Beispiele für die Unterschiede im Erbrecht zwischen Deutschland und den USA

Praktische Tipps für deutsch-amerikanische Erbfälle
  • Erbrecht In Deutschland
Beispiel für Gesamtrechtsnachfolge:
Ein Erblasser verstirbt und hinterlässt ein Haus und Schulden aus einem Kreditvertrag. Seine beiden Kinder sind gesetzliche Erben. In Deutschland treten sie automatisch in alle Rechte und Pflichten ihres Vaters ein – sie erben sowohl das Haus als auch die Schulden. Falls sie die Erbschaft nicht wollen, müssen sie sie aktiv innerhalb von sechs Wochen ausschlagen, es sei denn der Erblasser hatte seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland oder der Erbe hielt sich bei Beginn der Frist im Ausland auf. Dann müssen die Erben innerhalb der sechs Monate bei einer verschuldeten Erbschaft ausschlagen.

  • Beispiel für Pflichtteilsrecht:
Ein Erblasser, ein Unternehmer, setzt in seinem Testament seinen Lebensgefährten als Alleinerben ein und enterbt seine Tochter. Da die Tochter nach deutschem Recht pflichtteilsberechtigt ist, kann sie trotzdem einen Geldanspruch in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils geltend machen.

  • Beispiel, wann ein notariell beurkundetes Testament empfehlenswert ist
Ein Erblasser verfasst eigenhändig ein Testament und legt es in seine Schreibtischschublade. Nach seinem Tod gibt es Streit unter den Erben, ob das Testament echt ist. Hätte er ein notariell beurkundetes Testament aufgesetzt, wäre es automatisch rechtsgültig und hätte direkt zur Erbfolge geführt.

  • Beispiel für Zuständigkeit des Nachlassgerichts:
Ein Erblasser verstirbt und hinterlässt ein Bankkonto und eine Immobilie. Seine Erben müssen beim zuständigen Amtsgericht einen Erbschein beantragen, um über die Konten und das Haus verfügen zu können.

  • US-Erbrecht in USA:
Beispiel für die Anwendung des „Probate“-Verfahrens
Ein Erblasser stirbt in Kalifornien und hinterlässt ein Haus und ein Bankkonto. Da er keinen Living Trust eingerichtet hat, muss sein Nachlass im amerikanischen Probate-Verfahren vor dem Probate Department des Country Court abgewickelt werden. Seine Erben müssen vor Probate Court einen Nachlassverwalter (Administrator of Estate) bestellen lassen und die Nachlassverteilung abwarten. Das Verfahren kann Monate oder sogar Jahre dauern.

In USA - Keine automatische Gesamtrechtsnachfolge
Eine Erblasserin verstirbt (egal wo auf der Welt) und hinterlässt eine Mietimmobilie in Florida. Ihr Sohn kann die Immobilie nicht sofort nutzen oder verkaufen, da der Nachlass zunächst im amerikanischen Probate-Verfahren abgewickelt werden muss. Der eingesetzte Administrator of Estate (Nachlassverwalter) verwaltet die Immobilie, zahlt die Schulden und verteilt den verbleibenden Nachlass nach Abschluss des Verfahrens.

In USA - Freie Testierbarkeit
Ein Erblasser hat drei Kinder, möchte aber nur eines davon als Erben einsetzen. In Texas kann er das problemlos tun, da es dort kein Pflichtteilsrecht gibt, sondern der Grundsatz der Testierbarkeit / "Freedom of Testatorship" gilt. Seine anderen beiden Kinder haben keinen automatischen Anspruch auf einen Teil seines Nachlasses.

Beispiel für Trusts als Gestaltungsmittel
Eine Erblasserin besitzt mehrere Immobilien in den USA und möchte vermeiden, dass ihr Nachlass durch das zeitaufwendige und teure Probate-Verfahren geht. Sie überträgt ihre Immobilien zu Lebzeiten in einen Living Trust. Nach ihrem Tod werden die Immobilien direkt an die Begünstigten übergehen, ohne dass ein Gericht involviert wird.

Das Erbrecht in Deutschland ist stark reglementiert, mit automatischer Erbfolge und Pflichtteilen. In den USA gibt es mehr Gestaltungsfreiheit, aber das Probate-Verfahren kann langwierig sein. Ein Living Trust kann eine probate-freie Nachlassregelung ermöglichen.

Welches Erbrecht gilt bei deutsch-amerikanischen Erbfällen?
Das anwendbare Erbrecht richtet sich aus deutscher Sicht nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (EUErbVO): Deutsches Erbrecht gilt wenn, der Erblasser zuletzt in Deutschland wohnhaft war. Aus amerikanischer Sicht gilt für Nachlass-Grundvermögen gilt das Erbrecht von dessen Belegenheitsort. War der Erblasser zuletzt in den USA wohnhaft, dann gilt US-Erbrecht. Es sind aber Ausnahme möglich: Der Erblasser kann in einem Testament festlegen, dass das Erbrecht seines Heimatlandes gelten soll.

Rechtliche Probleme bei der Anwendung bei deutsch-amerikanischen Erbfällen können entstehen in Fällen:
Ein US-Staatsbürger bzw. Erblasser mit Immobilie in Deutschland
Ein Erblasser - ein US-Staatsbürger mit Wohnsitz in Kalifornien, verstirbt und hinterlässt eine Eigentumswohnung in Frankfurt am Main. In seinem Testament bestimmt er, dass seine Tochter alleinige Erbin sein soll.

Internationale Erbfälle und die Grenzen des ausländischen Rechts in Deutschland.
Probleme bei der Nachlassabwicklung können entstehen:
• In Deutschland gilt die lex rei sitae (Recht des Lageorts), sodass die Eigentumsübertragung nach deutschem Recht erfolgt.
Die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) soll die internationale Nachlassabwicklung vereinfachen. Sie ordnet an, dass das Erbrecht grundsätzlich nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers bestimmt wird. Dadurch wird die Anwendung ausländischen Rechts in Deutschland erheblich reduziert. Allerdings gibt es Fälle, in denen deutsches Recht trotz ausländischen Erbrechts Vorrang haben kann – insbesondere wenn grundlegende Prinzipien der deutschen Rechtsordnung verletzt werden.

Grundsätzlich kann ausländisches Erbrecht in Deutschland zur Anwendung kommen, wenn:
  • der Erblasser zuletzt in einem Drittstaat (USA) gewohnt hat und Vermögen in Deutschland hinterlässt (Art. 10 EuErbVO), oder
  • er testamentarisch sein Heimatrecht gewählt hat (Art. 22 EuErbVO).
Wenn ein Erblasser Vermögen in verschiedenen Ländern hatte, sollten seine Erben frühzeitig einen für deutsch-amerikanische Erbfälle spezialisierten Rechtsanwalt aussuchen, der aus der rechtlichen Praxis bei der Nachlassabwicklung nach Erbfall mit deutsch-amerikanischen Nachlässen vertrauet ist und im deutsch-amerikanischen Erbrecht und US-Erbrecht unerwartete rechtliche Probleme vermeiden kann.

Vermögen in den USA - Nachlassabwicklung in Deutschland

Die Verteilung des Vermögens aus einem Trust hängt von der Art des Trusts und den spezifischen Anweisungen des Erblassers ab. Die Trust Urkunde legt fest, wann und wie das Vermögen an die Begünstigten verteilt wird.
Die US-Trust-Urkunde regelt die Einrichtung eines US Trusts formell. Sie enthält die spezifischen Anweisungen und Bedingungen, unter denen der Trust arbeitet, sowie die Rechte und Pflichten aller Beteiligten.
Die Gründung eines US-Nachlasstrusts („Testamentary Trust“) geschieht im US-Erbrecht oft bei unbekannten Erben oder aus Gründen der unerwünschten Publizität.

Rechtsumgehung im Internationalen Erbrecht – Praxisbeispiele

Im internationalen Erbrecht gibt es immer wieder Fälle, in denen Erblasser in der Nachlassplanung gezielt versuchen, durch rechtliche Gestaltung Maßnahmen zum Pflichtteilsschutz oder andere erbrechtliche Beschränkungen zu umgehen. Solche Gestaltungen durch Erblasser können nach seinem Tod für die Erben jedoch als unzulässige Rechtsumgehung bei den Nachlassgerichten gewertet und von Gerichten rückgängig gemacht werden.

Internationale Erbfälle und die Grenzen des ausländischen Rechts in Deutschland
  • Rechtsumgehung im deutschen Erbrecht
Wenn ein deutscher Erblasser bewusst eine Rechtsordnung wählt oder Vermögenswerte umstrukturiert, um unerwünschte erbrechtliche Vorschriften – wie Pflichtteilsansprüche – zu umgehen, oder kurz vor seinem Tod seinen gewöhnlichen Aufenthalts bzw. Wohnsitz verlegt, könnten deutsche Gerichte dies als Scheinwohnsitz werten und dennoch deutsches Erbrecht anwenden

  • Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts
Nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) richtet sich das Erbrecht grundsätzlich nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers. Ein Erblasser zieht kurz vor seinem Tod in ein Land mit günstigerem Erbrecht (z. B. ohne Pflichtteilsrecht nach USA).

  • Rechtswahl im Testament
Die EuErbVO erlaubt Erblassern, das Erbrecht ihres Heimatlandes zu wählen. Dies kann genutzt werden, um Pflichtteilsrechte oder erbrechtliche Einschränkungen zu umgehen. Solange eine echte Verbindung zum gewählten Recht besteht (z. B. durch die Staatsangehörigkeit), wird die Rechtswahl in der Regel akzeptiert. Falls aber die Staatsangehörigkeit nur kurzfristig für diesen Zweck erworben wurde, könnte dies als Missbrauch gewertet werden.

  • Umschichtung von Vermögen
Vermögenswerte können so strukturiert werden, dass sie nicht mehr unter das gesetzliche deutsche Erbrecht fallen. Ein Erblasser kann sein Vermögen in einen US-Trust in den USA übertragen, um Pflichtteilsansprüche in Deutschland zu vermeiden. Nach der EuErbVO wird trotzdem geprüft, ob diese Vermögenswerte für Pflichtteilsansprüche herangezogen werden müssen. Bei der Umschichtung von Immobilien in Gesellschaftsanteile wird sehr kritisch geprüft.

Für die Internationale Erbfälle in Deutschland gilt die EuErbVO
Die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) soll die internationale Nachlassabwicklung vereinfachen. Sie ordnet an, dass das Erbrecht grundsätzlich nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers bestimmt wird. Dadurch wird die Anwendung ausländischen Rechts in Deutschland erheblich reduziert. Allerdings gibt es Fälle, in denen deutsches Recht trotz ausländischen Erbrechts Vorrang haben kann – insbesondere wenn der Erblasser zuletzt in einem Drittstaat außerhalb der Europäischen Union (z. B. USA) gewohnt hat und Vermögen in Deutschland hinterlassen hat (Art. 10 EuErbVO).

Internationale Erbfolge: Unterschiede zwischen Deutschland und den USA - Nachlassspaltung in deutschen Erbstatut

Beispiele für die Nachlassspaltung zwischen Deutschland und den USA - Einheitliche oder gespaltene Nachlassregelung bei internationalen Erbfällen
  • In Deutschland richtete sich noch bis 2015 im deutschen internationalen Erbrecht die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach dem Recht des Heimatstaates des Erblassers.
Entscheidend war bis 2015 also die Staatsangehörigkeit des Erblassers. Das bedeutete, dass der gesamte Nachlass – unabhängig davon, wo sich die Vermögenswerte befanden – grundsätzlich einheitlich behandelt wurden (Art. 25 Abs. 1 EGBGB). Nach Art. 21 Abs. 1 EuErbVO kommt es aus Sicht des deutschen Erbrechts nun nicht mehr auf die
Staatsangehörigkeit an, sondern auf den gewöhnlichen Aufenthalt am Todestag. Das anwendbare Erbrecht richtet sich jetzt zunächst, ob der Erblasser zuletzt in Deutschland wohnhaft war, dann gilt Deutsches Erbrecht.

  • In den USA gilt eine gespaltene Nachlassregelung
Für bewegliches Vermögen (z. B. Bankguthaben, Aktien) gilt das Recht des letzten Wohnsitzes des Erblassers. Für Immobilien gilt das Recht des Staates, in dem sich die Immobilie befindet (lex rei sitae). Hat ein Erblasser Vermögen in mehreren Ländern (US-Staatsbürger mit Bankkonto in Deutschland), können unterschiedliche Rechtsordnungen auf verschiedene Teile des Nachlasses angewendet werden. (Erblasser mit letzten Wohnsitz in Deutschland mit Haus in Florida)
Nachlassspaltung zwischen Deutschland und den USA z. B. bei Immobilien
Ein Erblasser mit Wohnsitz in Frankfurt besitzt eine Ferienimmobilie in Florida.

  • Nach deutschem Recht wäre sein gesamter Nachlass einheitlich nach deutschem Erbrecht zu behandeln.
  • Nach US-Recht unterliegt die Immobilie in Florida jedoch dem Recht des Bundesstaates Florida.
Das führt zu einer Nachlassspaltung: Der Nachlass in Deutschland wird nach deutschem Recht abgewickelt, die Immobilie in Florida nach dem Erbrecht des amerikanischen Bundesstaates Florida.

  • Erblasser mit letzten Wohnsitz in den USA und mit Bankkonto in Deutschland
Ein Erblasser mit letztem Wohnsitz in New York besitzt ein Bankkonto in Deutschland.
  • Nach US-Erbrecht gilt für sein weltweites bewegliches Vermögen das Recht des letzten Wohnsitzes – also das Recht des amerikanischen Bundesstaates New York.
Hier könnte es zu einem Konflikt zwischen den Rechtsordnungen kommen, der im Einzelfall geklärt werden muss.