Beispiel für Gesamtrechtsnachfolge:
Ein Erblasser verstirbt und hinterlässt ein Haus und Schulden aus einem Kreditvertrag. Seine beiden Kinder sind gesetzliche Erben. In Deutschland treten sie automatisch in alle Rechte und Pflichten ihres Vaters ein – sie erben sowohl das Haus als auch die Schulden. Falls sie die Erbschaft nicht wollen, müssen sie sie aktiv innerhalb von sechs Wochen ausschlagen, es sei denn der Erblasser hatte seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland oder der Erbe hielt sich bei Beginn der Frist im Ausland auf. Dann müssen die Erben innerhalb der sechs Monate bei einer verschuldeten Erbschaft ausschlagen.
- Beispiel für Pflichtteilsrecht:
Ein Erblasser, ein Unternehmer, setzt in seinem Testament seinen Lebensgefährten als Alleinerben ein und enterbt seine Tochter. Da die Tochter nach deutschem Recht pflichtteilsberechtigt ist, kann sie trotzdem einen Geldanspruch in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils geltend machen.
- Beispiel, wann ein notariell beurkundetes Testament empfehlenswert ist
Ein Erblasser verfasst eigenhändig ein Testament und legt es in seine Schreibtischschublade. Nach seinem Tod gibt es Streit unter den Erben, ob das Testament echt ist. Hätte er ein notariell beurkundetes Testament aufgesetzt, wäre es automatisch rechtsgültig und hätte direkt zur Erbfolge geführt.
- Beispiel für Zuständigkeit des Nachlassgerichts:
Ein Erblasser verstirbt und hinterlässt ein Bankkonto und eine Immobilie. Seine Erben müssen beim zuständigen Amtsgericht einen Erbschein beantragen, um über die Konten und das Haus verfügen zu können.
Beispiel für die Anwendung des „Probate“-VerfahrensEin Erblasser stirbt in Kalifornien und hinterlässt ein Haus und ein Bankkonto. Da er keinen
Living Trust eingerichtet hat, muss sein Nachlass im amerikanischen Probate-Verfahren vor dem
Probate Department des Country Court abgewickelt werden. Seine Erben müssen vor
Probate Court einen Nachlassverwalter (Administrator of Estate) bestellen lassen und die Nachlassverteilung abwarten. Das Verfahren kann Monate oder sogar Jahre dauern.
In USA - Keine automatische GesamtrechtsnachfolgeEine Erblasserin verstirbt (egal wo auf der Welt) und hinterlässt eine Mietimmobilie in Florida. Ihr Sohn kann die Immobilie nicht sofort nutzen oder verkaufen, da der Nachlass zunächst im amerikanischen Probate-Verfahren abgewickelt werden muss. Der eingesetzte Administrator of Estate (Nachlassverwalter) verwaltet die Immobilie, zahlt die Schulden und verteilt den verbleibenden Nachlass nach Abschluss des Verfahrens.
In USA - Freie TestierbarkeitEin Erblasser hat drei Kinder, möchte aber nur eines davon als Erben einsetzen. In Texas kann er das problemlos tun, da es dort kein Pflichtteilsrecht gibt, sondern der Grundsatz der Testierbarkeit / "
Freedom of Testatorship" gilt. Seine anderen beiden Kinder haben keinen automatischen Anspruch auf einen Teil seines Nachlasses.
Beispiel für Trusts als GestaltungsmittelEine Erblasserin besitzt mehrere Immobilien in den USA und möchte vermeiden, dass ihr Nachlass durch das zeitaufwendige und teure Probate-Verfahren geht. Sie überträgt ihre Immobilien zu Lebzeiten in einen Living Trust. Nach ihrem Tod werden die Immobilien direkt an die Begünstigten übergehen, ohne dass ein Gericht involviert wird.
Das Erbrecht in Deutschland ist stark reglementiert, mit automatischer Erbfolge und Pflichtteilen. In den USA gibt es mehr Gestaltungsfreiheit, aber das Probate-Verfahren kann langwierig sein. Ein Living Trust kann eine probate-freie Nachlassregelung ermöglichen. Welches Erbrecht gilt bei deutsch-amerikanischen Erbfällen?
Das anwendbare Erbrecht richtet sich aus deutscher Sicht nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (EUErbVO): Deutsches Erbrecht gilt wenn, der Erblasser zuletzt in Deutschland wohnhaft war.
Aus amerikanischer Sicht gilt für Nachlass-Grundvermögen gilt das Erbrecht von dessen Belegenheitsort. War der Erblasser zuletzt in den USA wohnhaft, dann gilt US-Erbrecht. Es sind aber Ausnahme möglich: Der Erblasser kann in einem Testament festlegen, dass das Erbrecht seines Heimatlandes gelten soll.
Rechtliche Probleme bei der Anwendung bei deutsch-amerikanischen Erbfällen können entstehen in Fällen:
Ein US-Staatsbürger bzw. Erblasser mit Immobilie in DeutschlandEin Erblasser - ein US-Staatsbürger mit Wohnsitz in Kalifornien, verstirbt und hinterlässt eine Eigentumswohnung in Frankfurt am Main. In seinem Testament bestimmt er, dass seine Tochter alleinige Erbin sein soll.
Internationale Erbfälle und die Grenzen des ausländischen Rechts in Deutschland.
Probleme bei der Nachlassabwicklung können entstehen:• In Deutschland gilt die lex rei sitae (Recht des Lageorts), sodass die Eigentumsübertragung nach deutschem Recht erfolgt.
Die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) soll die internationale Nachlassabwicklung vereinfachen. Sie ordnet an, dass das Erbrecht grundsätzlich nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers bestimmt wird. Dadurch wird die Anwendung ausländischen Rechts in Deutschland erheblich reduziert. Allerdings gibt es Fälle, in denen deutsches Recht trotz ausländischen Erbrechts Vorrang haben kann – insbesondere wenn grundlegende Prinzipien der deutschen Rechtsordnung verletzt werden.
Grundsätzlich kann
ausländisches Erbrecht in Deutschland zur Anwendung kommen, wenn:
- der Erblasser zuletzt in einem Drittstaat (USA) gewohnt hat und Vermögen in Deutschland hinterlässt (Art. 10 EuErbVO), oder
- er testamentarisch sein Heimatrecht gewählt hat (Art. 22 EuErbVO).
Wenn ein Erblasser Vermögen in verschiedenen Ländern hatte, sollten seine Erben frühzeitig einen für deutsch-amerikanische Erbfälle spezialisierten Rechtsanwalt aussuchen, der aus der rechtlichen Praxis bei der Nachlassabwicklung nach Erbfall mit deutsch-amerikanischen Nachlässen vertrauet ist und im deutsch-amerikanischen Erbrecht und US-Erbrecht unerwartete rechtliche Probleme vermeiden kann.